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Vom Einkauf beim Kolonialwarenhändler

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Vom Einkauf beim Kolonialwarenhändler? Wie kann das geschehen, dass der vom Westen dominierte globale Kapitalismus noch immer zu großen Teilen auf zu Kolonialzeiten etablierten Strukturen fußt, versinnbildlichen heute die günstig importierten Avocados, Mangos oder Maracujas, die sich in den Auslagen der Einkaufszentrale des Kolonialwarenhändlers -kurz Edeka- türmen. Neben dem scheinbar banalen Fortbestehen solcher mit dem europäischen Kolonialismus verwobenen Marken, sind die Beziehungen zwischen globalem Norden und Ländern des globalen Südens bis heute geprägt von ungleichen Machtverhältnissen auf allen Ebenen.
Westliche Gesellschaften und die herrschenden globale Klasse besitzen wirtschaftliche, politische und wissenschaftliche Macht. Außerdem dominieren sie die mediale Berichterstattung und profitieren auf vielfältige Weise von postkolonialen Strukturen und Abhängigkeitsverhältnissen. Ganz besonders drastisch erscheinen diese mit Blick auf die globale Wohlstandsverteilung. Während Länder des globalen Südens zunehmend ausbluten, bläht sich der Geldspeicher des sogenannten Westens förmlich auf, sodass heute 0,9 Prozent der Weltbevölkerung 43,9 Prozent des globalen Vermögens besitzen. Die ärmeren 56,6 Prozent besitzen hingegen nur 1,8 Prozent dieses Vermögens.

 

Solch eklatante soziale Ungleichheiten resultieren aus einem dicht gewobenen Netz der westlichen Dominanz der internationalen Kapital-; und Produktmärkte. Bürger*innen des globalen Nordens repräsentieren nicht nur die wichtigsten Kunden der Welt und beeinflussen dadurch das Angebot in erheblichem Maße; durch unfaire  Handelsabkommen und Doppelstandards beim Wirtschaften trägt der Westen dazu bei, Strukturen der Benachteiligung weiter zu verfestigen.
Während Lindt in der Schweiz mit Kakaobohnen aus Westafrika edle Schokoladen produziert und Kameruns und Ghanas Märkte mit subventioniertem Weizen, Milchpulver und billigsten Hähnchenschlegeln regelrecht überschwemmt werden, verpassen Länder des globalen Südens die Chance, eigenständige Märkte zu etablieren und komplexe Produkte aus ihren Rohstoffen zu fertigen.

Dieses vielschichtige System aus protektionistischen Praktiken und Subventionierung der eigenen Produkte seitens westlicher Märkte bei gleichzeitiger Öffnung und Erschließung des globalen Südens als Absatzmärkte führt dazu, dass der Kleinbauer in Simbabwe oder der Kaffeeproduzent in Kolumbien stets abhängig vom westlich dominierten Weltmarkt bleiben. Durch rund hundertfünfzig Milliarden Dollar an jährlich durch die OECD mobilisierten Entwicklungshilfe-Geldern wird darüber hinaus das Selbstverständnis des Westens als Retter der Welt oder Treuhänder des Friedens aufrechterhalten, während alte Abhängigkeitsbilder bestehen bleiben.

Wie können Sie sich diese Struktur vorstellen?

Sie dürfen sich das Verhältnis zwischen globalem Norden und Süden vorstellen wie eine Wippe oder ein Paternoster, bei denen ein Mehr des einen stets zu einem Weniger des anderen führt. Und wer würde leugnen, dass er oder sie nicht auf vielfältige Weise von einem solchen Machtungleichgewicht profitiert? Der frischgebrühte Kaffee am Morgen, das Schnäppchen-Angebot bei großen Modeketten wie H&M oder der vorteilhafte Wechselkurs im europäischen Ausland sind so alltäglich für die meisten von uns, dass sie nicht mehr als Privilegien wahrgenommen werden. Privilegien, die gleichzeitig immer auch mit Unrechtstrukturen und prekären Lebensrealitäten einhergehen.

In einer solch komplexen Welt wie der unseren, erscheint es als vermeintlich logische Schlussfolgerung ob unserer Mitverantwortung als Bürger*innen des Westens am täglichen Weltgeschehen von Brandrodungen für mehr Weideflächen für Rinder, Hungersnöten im Mittleren Osten infolge von geopolitisch motivierten Kriegen und Müllbergen in Indonesien, sich in ein Schneckenhaus aus Nationalismus und Realitätsferne zurückzuziehen. Doch angesichts der vielschichtigen Durchdringung des Lebens jedes einzelnen Individuums und der aus unserem Lebensstil resultierenden multiplen Krise der globalisierten Welt, wird es zunehmend schwerer, Scheuklappen aufzusetzen und einfach so weiterzumachen …weiter lesen

Autorin: Leah Priesenger

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