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Der Leuchtende Pfad in den Anden und im peruanischen Regenwald

Veranstaltung Titel: Der Leuchtende Pfad in den Anden und im peruanischen Regenwald (Soziale Bewegungen in Lateinamerika: Peru)

Datum: 10.12.2021

Teilnehmerzahl: 30

Am 10. Dezember organisierten wir ein internationales Online-Seminar über die kommunistische Partei und Guerillaorganisation Sendero Luminoso („Leuchtender Pfad“). Es war der erste Teil der Vertragsreihe „soziale Bewegungen in Lateinamerika“. Die Veranstaltung fand auf Spanisch statt und wurde simultan auf Deutsch übersetzt.

Pier Marzo Rodríguez: Die Geschichte des Leuchtenden Pfads

Das Seminar startete mit einer kurzen Begrüßung und Vorstellung der Referenten. Anschließend präsentierte Pier Marzo Rodríguez, Bürgerbeauftragter in Huánuco, historische Fakten zum Thema Leuchtender Pfad. Der Fokus lag auf dem Zeitraum von 1980 bis 2000. In dieser Zeit zählte die Guerillaorganisation zu den Hauptakteuren der politischen Gewalt in Peru. Marzo Rodríguez berichtete von Zahlen an Toten und Vermissten, die während dieser Zeit ihren Höchststand erreichten. In der Provinz von Tochache waren es 491 Menschen, in Leoncio Prado sogar 1420. Zudem präsentierte der Referent eine Chronologie von Morden und Zerstörungen von Gebäuden. Das Ziel der „antidemokratischen Bewegung“ sei gewesen, durch Morde an Politikern ein Machtvakuum zu schaffen, um schließlich selbst an die Macht zu kommen. Andererseits sei auch die Antwort des Militärs gewalttätig gewesen, wodurch die Situation eskaliert sei. Die Präsentation endete mit dem Vortrag des Gedichts Mirar Lejos („In die Ferne Schauen“) von César Vallejo. Es handelt von einer idealen Welt, in der das Unmögliche zum Möglichen wird.

Diskussionsrunde der Referenten

Das Seminar wurde mit einer Diskussionsrunde der Referenten fortgesetzt. Julio Medívil, Professor für Musikethnologie in Wien, kritisierte die Präsentation. Er sagte, dass der historische Kontext der vorgestellten Fakten ohne Hintergrundwissen schwer zu begreifen ist. Jose Miranda Valladares, (Vorstand von Rimanakuy) kommentierte ebenfalls den Vortrag. Laut ihm, hatte der Leuchtende Pfad in Peru das Ziel, gegen die vorherrschende soziale Ungerechtigkeit vorzugehen. Grund hierfür sei die Fehlende Reaktion der Politik. Im Verlauf des Gesprächs betonte Medívil, dass Peru eine sehr vielfältige Geschichte hat, die nicht nur einseitig erzählt werden sollte. Er schilderte das Beispiel, dass die damalige Regierung eine Wahl hatte: sie konnte sich für einen demokratischen oder einen militärischen Weg bei der Bekämpfung des Leuchtenden Pfads entscheiden. Man solle nicht pauschal die derzeitige politische Linke Perus als undemokratisch bezeichnen, sondern zwischen demokratischen und undemokratischen Parteien differenzieren. Zudem sei der Leuchtende Pfad nicht die einzige kommunistische Partei Perus gewesen, sondern eine von vielen. Der Staat habe die Organisation kriminalisiert, indem er sie als terroristische Organisation bezeichnete. Erst so habe sie politische Relevanz bekommen. Letztendlich habe sich die Gewalt hochgeschaukelt, so Medívil.

Meinungen zur Handlung des Leuchtenden Pfads

Anschließend befragte die Seminarleiterin Amanda Luna die Referenten zu deren Gefühlen zur Handlung des Leuchtenden Pfads. Sie nannten Schauer und Erschütterung, Wut, Traurigkeit, Enttäuschung und Orientierungslosigkeit. Eine weitere Frage war, welche Bedeutung der Tod des damaligen Anführers der Organisation Abimael Guzmán hat. Die Referenten einigten sich darauf, dass der Tod keine persönliche Bedeutung für sie hat. Stattdessen habe der Tod einer Schlüsselfigur der Linken eine politische Bedeutung: Rechte Parteien verloren Teile ihrer Argumentationsbasis. Im Anschluss wurden die Referenten mit den Seminar-Teilnehmenden in Breakout-Sessions eingeteilt. Hier sprachen sie über den Einfluss des Leuchtenden Pfads auf die heutige Politik Perus.

Die Abschlussdiskussion

Das Seminar endete mit einer lebhaften Diskussion. In dieser betonte Jose Miranda Valladares, dass es bei dem Thema verschiedene Perspektiven gibt. Alle stimmten mehr oder weniger überein, dass es ein strategischer Fehler der Regierung war, Gewalt mit Gewalt zu beantworten. Denn die Reaktion  auf die vom Leuchtenden Pfad ausgegangene Gewalt sei nicht demokratisch gewesen. Somit habe der peruanische Staat die gleichen Mittel genutzt wie die Organisation selbst. Es kam auch die Frage auf, ob das Militär einen Fehler begangen hatte, da es so gewaltvoll gegen viele Bürger*innen sowie den Leuchtenden Pfad vorging. Julio Medívil bezeichnete die Handlungen nicht nur als Fehler sondern als Straftaten. Die weitere Diskussion ging um die Aufarbeitung der Vergangenheit und der Sichtweise jüngerer Generationen. In diesem Kontext thematisierte die Seminar-Teilnehmerin Saron Cabero (aus Bolivien, in Deutschland lebend) die traumatische Vergangenheit, die in vielen lateinamerikanischen Ländern vorhanden ist. Cabero stellte die Frage, wie Themen den neuen Generationen vermittelt werden können, ohne die Geschichte auf der Basis von Hass weiterzugeben. Ihr sei es wichtig, dass die Vergangenheit nicht vergessen, sondern respektiert wird, jedoch ohne Hass und Ablehnung. Pier Marzo Rodríguez entgegnete darauf, es sei wichtig die Vergangenheit auf der Basis historischer Fakten zu betrachten. Ihm sei es wichtig, dass Opfer der Vergangenheit Gerechtigkeit und Entschädigung erfahren. Zudem betonte er, dass wir zwar aus der Geschichte lernen können, es jedoch auch wichtig sei, nach vorne zu schauen. Heute sind andere Personen an der Regierung und der Leuchtende Pfad existiert nicht mehr. Deshalb sei es Marzo Rodríguez wichtig, sich mit der aktuellen Situation auseinanderzusetzen. So könne man besser verstehen, welche Entwicklungen Gerechtigkeit schaffen können.

Zusammenfassung

Insgesamt kamen im Seminar viele verschiedene Perspektiven zusammen. Den Referenten gelang es, einen Teil der Geschichte Perus von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Es gab diverse Meinungen der Referenten und Teilnehmenden zum Einfluss der Geschichte auf die Gegenwart. Das zeigt, dass die Handlung des Leuchtenden Pfads und die Reaktion der Regierung noch heute umstritten sind.

Autor: Nicolò Brugnone

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